Podcast Nr. 29 – Agata Lattka über Pole Dance, die Burlesque-Philosophie und warum jede Frau sexy sein kann

Heute hatte ich das Vergnügen, meine ehemalige Mitschülerin Agata Lattka zu interviewen (Agata und ich haben – zusammen mit Stefanie Winny, die ich hier ja auch schon interviewen durfte – zusammen Abi gemacht und hatten mehrere Jahre zusammen Deutsch-Leistungskurs und Philosophie an der gleichen Schule – an dieser Stelle Grüße an Herrn Heidrich!!). Obwohl Agata und ich sogar ähnliche Fächer studiert haben, haben wir uns nach der Schule aus den Augen verloren und ich habe sie erst vor ein paar Jahren zufällig wiedergetroffen. Da habe ich dann erfahren, dass Agata das erste Berliner Pole Dance Studio eröffnet hat, was ich bereits damals äußerst bemerkenswert fand.
Im Rahmen meines Podcasts, in dem ich Menschen interviewen möchte, die etwas Tolles, Inspirierendes und Außergewöhnliches in ihrem Leben tun, war Agata daher diejenige, die mir als erstes eingefallen ist! 🙂 Deshalb habe ich mich riesig gefreut, dass es heute mit unserem Interview geklappt hat und wünsche Euch viel Spaß beim Anhören! Ich spreche mit Agata über ihr Studio, über Pole Dance und darüber, was es mit der Burlesque-Philophie auf sich hat.

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Podcast Nr. 28 – Peter Nordstrand über seine Arbeit und das erste Göteborger Improfest

Beim ersten Auswärts-Gig meiner Impro-Gruppe „die Improbanden“ im Rahmen des Göteborger Improfests Ende letzter Woche hatte ich Gelegenheit, mit dem Initiator des Festivals, Peter Nordstrand, im Backstage-Bereich des Aftonstjärnan Theaters zu sprechen (welcher übrigens die Überbleibsel einer original schwedischen Wohnung aus dem 20. Jahrhundert enthält). Ich spreche mit Peter über ihn, über Impro und natürlich über das erste Improfest in Göteborg, das für mich ein wunderbares und unvergessliches Erlebnis bleiben wird! Viel Spaß beim Reinhören!

Peter Nordstrand im Backstage-Bereich des Teater Aftonstjärnan

Peter Nordstrand im Backstage-Bereich des Teater Aftonstjärnan

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Wie lernt man, „schnell“ Impro zu spielen?

Lange Zeit haben ich und einige Mitspieler aus meiner Impro-Gruppe uns gefragt, wie man es lernen kann, „schnell“ Impro zu spielen – also auf der Bühne schnell zu reagieren, sei es direkt beim Beginn einer Szene „schon dort zu sein“ (anstatt erst auf die Bühne zu kommen), oder als Hinzukommender rasch etwas zu etablieren (und nicht erst lange um das goldene Kalb herum zu tänzeln), oder sich in einer Zweier-Szene einen schnellen verbalen Schlagabtausch zu liefern.

Wir hatten dies bei verschiedenen Spielern aus den Staaten wie Lisa Rowland oder Tim Orr, aber auch immer wieder bei den Crumbs oder anderen Gruppen aus dem angelsächsischen Raum bewundern können. Wir hatten schon die Arbeitsthese gebildet, dass „Schnell-Spielen“ einfach so ein amerikanisch-englisches Ding ist, und wir Deutschen das einfach nicht so gut können oder das einfach nicht so „unser Ding“ ist.

Ich habe inzwischen eine andere These: Ich glaube, schnelles Spielen und schnelles Reagieren passiert in dem Moment, in dem unser Spiel hauptsächlich vom Bauch, und nicht mehr vom Kopf gesteuert ist. Der Bauch reagiert immer schneller, als der Kopf, da die Reaktion hier intuitiv, und nicht kontrolliert passiert. Es ist das alte Spiel, das uns immer wieder begegnet, wenn wir eine Weile lang Impro spielen: Der Kopf möchte übernehmen, weil er besser das Geschehen kontrollieren kann, denn wir haben Angst, Fehler zu machen, oder etwas „nicht gut“ zu machen – und wir wollen unsere Sache ja gut machen!

Hier in einen Modus des „Vertrauens zum Impro-Gott“ oder auch zu seinem eigenen Bauchgefühl zu kommen, ist gar nicht so einfach. Denn im Prinzip geht es hierbei ja darum, eine gewisse „Angstfreiheit“ und ein gewisses Selbstvertrauen zu erlangen, den Entscheidungen seines Bauches blitzschnell zu folgen (in dem Vertrauen, dass sie schon die richtigen Entscheidungen sein werden).

Und bevor wir das tun können, ist es wichtig, erst einmal eine Verbindung mit seinem Bauchgefühl aufzunehmen. Ich glaube, jeder Mensch hat diese Verbindung, nur bei einigen von uns ist sie im Laufe der Jahre (seit wir Kind waren) etwas verschüttet worden und muss erst wieder „entdeckt“ werden. Leider helfen hier keine Technik und kein Lernen von Regeln oder Mechanismen, sondern es geht wieder vielmehr um den so häufig zitierten Begriff der „Persönlichkeitsentwicklung“. Und das ist gar nicht so einfach zu lernen, ich würde es fast als „Lebensaufgabe“ bezeichnen – aber unmöglich ist es nicht, und auch hier hilft Erfahrung, d.h. üben, üben, üben.

Und je weiter wir in diesem „Projekt“ kommen, um so mehr profitieren wir auch außerhalb von der Bühne von dieser Fähigkeit! Denn am Ende des Tages ist unser Gefühl der einzige Kompass, den wir haben, um Entscheidungen in unserem Leben zu treffen. Wir können unsere Entscheidung am Außen, an rationalen Gründen und dem, „was vernüftig ist“ orientieren – und ich würde immer empfehlen, diese Dinge bei wichtigen Entscheidungen auf jeden Fall zu betrachten, denn sie haben uns etwas Wichtiges zu sagen. Die Frage ist nur: Basieren wir unsere Entscheidungen ausschließlich auf diesen Kritieren, sind diese Entscheidungen dann tragfähig in dem Sinne, dass sie uns langsfristig glücklich machen können?

Ich plädiere also dafür, sich „mit seinem Bauch“ zu verbinden! Hört einmal in Euch rein, was Euch umtreibt. Was fühlt Ihr? Wie geht es Euch gerade? Und ich meine nicht: Wie sollte es mir gerade gehen, anlässlich der aktuellen Situation, sondern: Wie geht es mir gerade? Was fühle ich eigentlich jetzt gerade? Dies zu erkennen und benennen zu können ist m.E. der erste und größte Schritt auf sein Bauchgefühl zu. Der Rest kommt dann mit üben, üben, üben – ob im Impro oder im Leben generell 🙂

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Podcast Nr. 27 – Roland Trescher über Impro als Tool zur Persönlichkeitsentwicklung und Relevanz im Impro-Theater

Am heutigen, wunderbar warmen und sonnigen Mittwoch-Abend war der charmante Roland Trescher aus München unter tropischen Bedingungen zu Gast in meinem kleinen Aufnahmestudio. In hochsommerlicher Atmosphäre plauderten wir darüber, wie und warum sich Impro ausgezeichnet zur Persönlichkeitsentwicklung eignet, und warum Roland das Thema „Relevanz“ im Impro-Theater so wichtig findet. Ich wünsche Euch viel Spaß, inspirierende Momente und eine laue Brise im Haar beim Anhören dieses heiteren Gesprächs.

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Podcast Nr. 26 – Lyndsey Cockwell über den Berlin Pop Choir und das Berlin Pop Ensemble

Wer meinen Podcast kennt, weiß, dass dies bisher ein reiner Impro-Podcast war. An einem Abend vor einigen Wochen jedoch hatte ich in einer Bierlaune die Idee, dass es doch hübsch wäre, meinen Podcast etwas zu öffnen und auch mit Leuten zu sprechen, die nicht in erster Linie Improvisateure sind, die aber dennoch etwas tun, das ich super schön und total inspirierend finde! Daher kam es, dass ich die Idee hatte, Lyndsey Cockwell als ersten „Nicht-Impro-Gast“ in meinem Podcast zu interviewen. So trafen wir uns an einem sonnigen Freitag Nachmittag in Lyndseys Wohnung in Kreuzberg, um über sie, den Berlin Pop Choir und den schrecklichen Public Transport in London zu plaudern. Viel Spaß (das Interview ist in Englischer Sprache)!

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Podcast Nr. 25 – Verena Lohner über Impro, Zombies und die Steife Brise

Letztes Wochenende habe ich, in einem außerordentlich engen Schedule zwischen einem Impro-Workshop mit den Improbanden und einer Show im Ratibor-Theater im Rahmen der IMPRO 2015, Verena Lohner von der Steifen Brise bei mir zu Hause interviewt. Wir sprechen über Verena und über die Steife Brise, und deren Hintergründe und Werdegänge. Insgesamt ist Verena mein dritter Interview-Gast von der Steifen Brise (nach Katharina Butting und Ralf Schmitt).

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Muster

Ich weiß nicht, warum, aber aus irgendeinem Grund sucht mein Verstand immer und überall nach Mustern – nach gleichförmigen, reproduzierbaren Strukturen in den unterschiedlichsten Dingen und Kontexten. So auch im Impro. Dort habe ich jüngst (in den letzten Stunden) folgende „Epiphany“ gehabt, was die Muster angeht, indem mir folgende zwei Grundmuster klar geworden sind:

1. Es geht die ganze Zeit darum, das im Alltag so vertraute und oft gesehene (ob bei pubertierenden Kids in der U-Bahn oder auf Regierungs-Ebene in manchen Staaten) Muster von Dominanz und Unterwerfung durch das Muster der Kooperation zu ersetzen – also nicht die Führung aufgrund von Dominanz und Stärke zu haben, sondern zu führen indem ich dem Geführten und seinen Bedürfnissen ein Stück weit folge (und er mir), so dass es am Ende gar keinen ganz klar Führenden mehr gibt. Und das fällt den meisten Menschen – in meiner Wahrnehmung – nicht leicht. Ich habe gegrübelt, warum das so ist, ob dieser Wunsch nach Dominanz, nach Führung irgendeine anthropologische Konstante oder sowas ist; unser „Ego“ eben. Und, ich glaube, unser „Ego“ ist so eine anthropologische Konstante, die JEDER von uns mitbringt, und wir müssen daran arbeiten, dieses halbwegs in Schach zu halten zugunsten von Kooperation. Nicht umsonst geht es auch in so vielen Religionen darum, genau dieses Ego „zu überwinden“. Denn Kooperation scheint mir doch auf so vielen Ebenen (rational und emotional) die vernünftigere, sinnvollere, angenehmere, freundlichere, entspanntere Wahl zu sein im Vergleich zum ewigen Status-, Kompetenz- und Führungsgerangel der Menschen. Im Impro drückt sich dieses Dominanz-Gerangel durch „Blocken“ aus: „Nein, wir spielen nicht Deine Geschichte, wir spielen meine Geschichte! Nänänänänä!“ Dieses Verhalten sehe ich selbst bei den erfahrensten, professionellsten Impro-Spielern immer wieder. „Dabei müssten die es doch besser wissen!“ denke ich mir dann – wissen sie auch, aber es ist eben ein Unterschied zwischen Wissen und Umsetzung. Darum sind für mich die besten Impro-Spieler tatsächlich nach vor die, die in (fast) allen Umständen in der Lage sind, kooperativ zu spielen, denn so entsteht der beste Flow. Und dies ist absolut Tagesform-abhängig. „Kooperativ“ zu spielen, unser Ego und die altbekannten und vertrauten Muster von Dominanz und Unterwerfung hinter uns zu lassen, kostet viel Energie und „Gewahr-Sein“, und die hat man eben nicht immer.

2. Es geht beim Impro immer um die Vereinbarkeit bzw. ein Zusammenspiel von „rechter“ und „linker“ Gehirnhälfte bzw. den „Tugenden“, für die diese stehen: Früher fand ich es ganz toll, wenn Impro „intuitiv“ passiert, aus dem Bauch heraus, „im Flow“ – das finde ich auch immer noch! Aber es braucht eben auch den Verstand, um etwas wirklich Großes daraus zu machen. Ich muss in der Lage sein, mich an bestimmte Elemente der Geschichte zu erinnern und diese sinnvoll „einzusammeln“, mit dem zu verknüpfen, was schon da ist. Wenn ich mich aber nur auf meinen Verstand verlasse und an das Verknüpfen, Zusammenführen und Analysieren dessen, was schon da ist und was noch gebraucht wird, denke, wird es nicht gut. Umgekehrt wird es aber eben auch nicht gut, wenn ich nur „aus dem Bauch heraus“ spiele, wie mir gerade ist, und Angebot über Angebot mache – am Ende viel zu viele, um sie alle „zu bedienen“. Deshalb ist eben auch hier das „Sowohl als auch“ so entscheidend, und die gute Mischung von Kopf und Bauch, um es mal ganz platt zu sagen. Eine nicht gut austarierte Balance dieser beiden Elemente führt zu einem Missklang – bei einzelnen Spielern genauso wie bei ganzen Ensembles.

Ich bin mir sicher, es gibt viele weitere Grundmuster, die sich beim Impro offenbaren. Und mein Verstand wird auch sicherlich weiterhin danach Ausschau halten. Vielleicht wisst Ihr ja auch ein paar!?

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Podcast Nr. 24 – Inbal Lori über Improvisation, das Gorillas-Festival 2015 und die Lage in Israel

Mitte letzter Woche, just bevor sie zum Kölner Impro-Festival weiter gefahren ist, hat Inbal Lori mich in meinem kleinen Home Studio in Berlin-Neukölln besucht. Dies ist mein wahrscheinlich politischstes Interview bisher. Ich muss gestehen, dass ich keine besonders politische Person bin, da es mir schwer fällt, in den großen Konflikten der Weltgeschichte Stellung zu beziehen – das ist für mich wie Zähneziehen, denn für gewöhnlich haben beide Seiten valide Argumente und das einzige Kriterium, anhand dessen man sich für eine Seite entscheiden kann, ist das eigene Gefühl – und das ist ja bekanntlich willkürlich. Außerdem glaube ich nicht an „die eine Lösung“ in Konflikten größeren Ausmaßes, geschweige denn, dass ich sie parat habe. Und da mich diese Dinge deshalb i.d.R. lediglich emotional belasten, ziehe ich es vor, mich da raus zu halten. Einige meiner Fragen sind aus dieser selbst gewählten Naivität heraus entstanden, wie man möglicherweise merkt.
Neben ihrer Haltung zur augenblicklichen politischen Lage in Israel und im Nahen Ostern hat Inbal jedoch auch viele spannende Dinge über das diesjährige Gorillas-Festival zu erzählen, und natürlich: über Impro! Viel Spaß.

Abgesehen vom Anfang ist das Interview in Englischer Sprache.

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Impro ist Kommunikation im Vergrößerungsglas

Hach, gerade merke ich wieder, wie sehr ich Impro doch liebe!! Wie schon manchmal war es leider eine der nicht so gelungenen Shows, die mir einige interessante Aha-Erlebnisse beschert hat. Das tut mir Leid für meine Kollegen von den Improbanden, die teils sehr niedergeschlagen waren, aber auf der positiven Seite bieten diese Gelegenheiten einige exzellente Learnings! Da ich an besagtem Abend noch mit den Ausläufern einer Erkältung zu kämpfen hatte, habe ich in der Show nicht mitgespielt und bin in die Rolle des Zuschauers geschlüpft; diese Möglichkeit, das Ganze aus der Außenperspektive zu betrachten, hat mir einige noch interessantere Einsichten ermöglicht, als ich sie vielleicht als Mitspieler gehabt hätte.

Wie ich schon früher einmal geschrieben habe, bedeutet Impro für mich den Umgang mit Ambivalenzen. Wenn wir in einer neuen Szene nicht schon direkt nach dem Aufgang klipp und klar definieren, wer wir sind, wo wir sind und was unsere Beziehung zu der anderen Figur ist, haben wir immer ein bestimmtes Maß von Ambivalenz mit dem wir umgehen müssen und das zu Missverständnissen und „Fehlern“ führen kann (genau wie es im wirklichen Leben ja auch ist). Im Impro bietet sich uns nun die wunderbare Möglichkeit, dies im Moment zu klären, indem man Fehler offen (in der Rolle / Figur!) anspricht: „Was tust Du da? Ich verstehe es nicht!“ – „Oh je, wenn schon Du als mein bester Freund nicht verstehst, was ich hier mache, wie soll ich dann jemals ein guter Flugbegleiter werden?“

Von da an nimmt die Szene möglicherweise einen anderen Verlauf, als beide Spieler sich das bei ihrem Aufgang gedacht haben – bereits im Kopf vorbereitete Pläne und Szenenabläufe sind also nutzlos. Und das ist auch etwas, das ich so wunderbar finde! Das Leben (bzw. das Impro) bietet uns manchmal Gelegenheiten, die wir uns nicht hätten ausdenken können; es ist wunderbar, wenn man darauf aus dem Moment heraus reagiert und die Sachen weiter führt; das ist der Zustand, den ich auf der Bühne als „Flow“ wahr nehme, und den ich mit meinem Spiel erreichen möchte.

Gleichzeitig trainiert es den spielerischen, leichten Umgang mit „Fehlern“. „Scheiter heiter“ ist der Impro-Grundsatz, der für mich die längste Zeit die größte Herausforderung dargestellt hat; aber langsam komme ich dahinter, was damit eigentlich gemeint ist. Es bedeutet im Grunde einen spielerischen Umgang mit unseren Fehlern. Wenn ein „Fehler“ passiert, ist dies eben kein Weltuntergang, sondern kann ein wunderbarer Impuls sein, der der Szene und der Geschichte eine ganz neue Wendung gibt. Im Gegenteil, es ist nicht nur kein Weltuntergang, sondern diese „Fehler“ ermöglichen es uns erst, unsere am Bühnenrand möglicherweise vorgefertigten Pläne über Bord zu werfen und wirklich im Moment zu sein, im Flow.

Hierzu wird der Fehler jedoch nicht „unter den Teppich“ gekehrt, sondern öffentlich gemacht und als Impuls / Input für die weitere Szenengestaltung genutzt. Das Publikum hat „den Fehler“ sowieso bemerkt und findet es um so toller, wenn wir ihn in das Geschehen einbauen, so dass er sich nahezu nahtlos einzufügen scheint. Das ist die Magie des Impro-Theaters für Zuschauer und Spieler. Und diese fordert ein hohes Maß an Konzentration und Aufmerksamkeit von den Spielern. Daher ist es wichtig, nach Möglichkeit immer 100% Energie zu geben. Ich rate daher davon ab, krank (erkältet) oder angetrunken auf die Bühne zu gehen.

Wie ja hier bereits gesagt, hilft es, so klar wie möglich zu sein, um bestimmten Fehlern und Missverständnissen vorzubeugen. D.h. meinen Mitspielern klar und deutlich zu machen, ob ich auf der Bühne oder im Off bin. Mich bei Abgängen nicht zögerlich „davon zu schleichen“, und wenn doch, dann dies klar machen („Ach Freund, ich bin so niedergeschlagen / müde / gebrechlich und gehe mich etwas hinlegen.“), so dass klar ist, dass nicht der Spieler zögerlich von der Bühne schleicht, sondern die Figur.

Auch hier ist Impro wieder ein Vergrößerungsglas für (Alltags-)Kommunikation, in der es hilft, seinen Mitmenschen gegenüber klar zu sein und ihnen klar zu machen, was man will (so man dies denn selber weiß – was häufig wohl die größte Herausforderung darstellt).

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Zu klar sein ist langweilig („Hallo Roswita, meine geliebte Ehefrau, wie geht es Dir hier in unserem Wohnzimmer an unserem 25. Hochzeitstag?“). Hin und wieder eingestreut sind solche Szenenanfänge witzig, weil sie mit der Übertreibung spielen. Aber wenn jeder Spieler permanent klipp und klar verbalisiert, wer die Figuren sind und wo sie sich befinden, wird es dröge. Impro ohne Ambivalenzen ist langweilig (ganz abgesehen davon, dass es glaube ich ziemlich unmöglich ist). D.h. wir brauchen diese Unklarheiten, diese „Fuzziness“, die uns die Fehler und Missverständnisse ermöglicht, aus denen etwas Neues entstehen kann. Wir müssen lediglich lernen, damit umzugehen, und diese nicht auf der Bühne „abzustrafen“, indem uns unsere Gesichtszüge entgleisen oder wir unsere Mitspieler möglicherweise sogar noch berichtigen; sondern offen sein, Unklarheiten und Fehler (spielerisch) ansprechen, den eigenen Plan über Bord werfen und sich auf etwas ganz Neues einlassen! Genau wie im Leben! 🙂

Wenn der Mitspieler offenbar gerade auf dem Schlauch steht und nicht erkennt, was man macht: Nicht ärgerlich mit ihm sein, dass er es nicht versteht, obwohl man es doch so deutlich macht, sondern ihm helfen, indem man es ihm erklärt – nicht „vorwurfsvoll“ da ran gehen („Er ist so blöd, dass er es nicht peilt!“ – „Es war voll unklar, was er gemacht hat!“), sondern wertschätzend („Er steht auf dem Schlauch, das tut mir Leid, ich muss ihm helfen!“ – „Er tut irgendwas, aber ich habe absolut keine Ahnung, was es ist – ich werde mal fragen!“)

Eine besondere Rolle kommt hier in der Show der Moderation zu: Diese sollte idealerweise besonders klar sein im Auf- und Abgehen, aber auch in der Kommunikation. D.h. Ambivalenzen möglichst vermeiden und so klare Ansagen machen, wie möglich. Die Spieler sollten ihrerseits diese Rolle anerkennen und den Moderator nicht korrigieren oder anfangen, mit ihm zu diskutieren (auch hier bestätigen Ausnahmen natürlich die Regel, denn auch ein Moderator kann mal auf dem Schlauch stehen und etwas vergessen und auf die Hilfe seiner Mitspieler angewiesen sein). Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass jeder Widerspruch ggü. dem Moderator dessen Position schwächt und es ihm schwer macht, klar zu sein / zu bleiben, was ich als eine seiner Hauptaufgaben ansehe: Er hat die Aufgabe, den Fahrplan / den Ablauf den Zuschauern klar zu kommunizieren, ohne gleich alles zu verraten und es zu deutlich zu machen, denn dann wird es langweilig. Jede Show braucht Überraschungsmomente. Auch die Zuschauer haben ein Recht darauf, ins kalte Wasser geworfen zu werfen und etwas Unerwartetes zu erleben. Wie viel man vorher schon preis gibt und was man nicht ansagt, darüber gibt es bei uns immer viel Diskussion. Es gibt hier kein Richtig oder Falsch, diese Dinge sind komplett kontext-sensitiv und können nur „nach Gefühl“ entschieden werden – was es noch schwieriger macht, da jeder eben ein anderes Gefühl hat.

Gibt es eine Regel für den Einsatz von oder bestimmte Gags, die der Moderator auswendig lernen kann? Nein, auch die gibt es nicht. Der Moderator muss sich komplett auf sein Gefühl verlassen und extrem präsent und im Moment sein, um Stimmung und Angemessenheit von „Sprüchen“ und Rumfrotzeleien abschätzen zu können – und kann damit natürlich auch mal daneben liegen. Sätze wie „Schön, Sie alle da geblieben und nicht in der Pause nach Hause gegangen sind!“ können witzig sein, wenn die Stimmung im Publikum (und bei den Spielern!) aus der ersten Hälfte heiter und ausgelassen ist. Wenn die Stimmung eher moderat, oder sogar besinnlich ist, wirkt so ein Spruch unpassend. Ähnlich ist es um das Rumfrotzeln des Moderators mit den Mitspielern bestellt: Ist die Stimmung zwischen den Spielern gut und ausgelassen und klar, dass es sich um Spaß handelt, können solche Rumfrotzeleinen untereinander für das Publikum sehr amüsant sein.

Nicht jeder kann es sich erlauben, wie Kurt Krömer sein Publikum zu verarschen. Tendenziell würde ich von Gags und Sprüchen, die auf Kosten des Publikums gehen, eher Abstand nehmen und meine Zuschauer mit Respekt und Wertschätzung behandeln. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, wie Kurt Krömer ja anschaulich demonstriert.

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Podcast Nr. 23 – Tim Orr aus San Francisco über ‚The Naked Stage‘

Ich freue mich riesig, als meinen ersten Interview-Gast im Jahr 2015 den großartigen Tim Orr aus San Francisco begrüßen zu dürfen! Tim spielt, genau wie Lisa Rowland, bei den BATS (Bay Area Theatre Sports) aus San Francisco, und weilt nach seinem Besuch des Amsterdamer Impro-Festivals für eine Weile in Berlin. Meine Gruppe, die Improbanden, hat das große Vergnügen, zusammen mit Theater Ohne Probe diese Woche einen Workshop bei Tim zu dessen Format „The Naked Stage“ machen zu dürfen. Vor dem ersten Training im Rahmen dieses Workshops habe ich mit Tim das nachfolgende Interview aufgezeichnet – und was soll ich sagen, er hat Recht: Man muss das, was er mit „Try to play people who are nice to each other and avoid conflict“ wirklich erlebt haben, um es zu verstehen (zumindest geht mir das so). Es entschleunigt das Spiel ungemein und sorgt dafür, dass man auf der Bühne einerseits entspannt und gleichzeitig total im Moment ist. Wirklich toll, kann ich jedem nur empfehlen, das einmal auszuprobieren. Was Tim sonst noch Spannendes zu erzählen hat, könnt Ihr in folgendem Interview hören!

Abgesehen vom Anfang ist das Interview in Englischer Sprache.

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