Das brannte mir jetzt mal unter den Nägeln.

Ganz ehrlich: ich stelle es mir als Chef alles andere als einfach vor, ein Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern zu führen. Was ich als Chef von einem Mitarbeiter möchte ist ja, dass er in „meinem Sinne“ agiert. Dazu gehört Vertrauen – oder eben Kontrolle: Ich kann die Arbeit in so kleine Häppchen einteilen, dass ich sie einfach delegieren kann und mehr oder weniger jeder mit den dazu passenden Skills sie erledigen kann. Dann bin ich i.d.R. auf Nummer Sicher gegangen, und das führt dann zu solchen Situationen und Konstellation wie die in diesem Artikel beschriebenen.

Etwas ganz anderes ist es, mittels Vertrauen zu managen. Das hieße im Extremfall, vielleicht allerhöchstens grobe Zielvorstellungen für mein Unternehmensziel anzugeben (und vielleicht ja noch nicht einmal das, vielleicht lasse ich es ja komplett offen) und die Mitarbeiter dann einfach machen zu lassen, in dem Vertrauen, dass sie in meinem bzw. im Unternehmenssinne agieren werden, ohne dass ich deren Arbeit kontrolliere oder einschränke. Das hieße i.d.R. flachere Hierarchien und mehr Eigenverantwortung für jeden.

Beides zusammen geht m.E. nicht. Ich kann als Chef nicht Kontrolle wollen und gleichzeitig Eigenverantwortung fordern. Das kann ich natürlich tun, aber an den Grenzbereichen dieser beiden wird immer Frustration bei meinen Mitarbeitern entstehen.

Und auch die Haltung der Mitarbeiter spielt eine Rolle: Der eine oder die andere mag es vielleicht ganz gerne, wenn er oder sie möglichst klar umrissene Arbeitsanweisungen erhält, die er oder sie einfach nur noch ausführen muss. Natürlich ist das auf Dauer ziemlich unbefriedigend und macht unglücklich, und dann beschweren sich Mitarbeiter über die Monotonie ihrer Arbeit oder über die wenigen Gestaltungsmöglichkeiten in Unternehmen, ohne zu bemerken, dass das hohe Maß an (Selbst-)Verantwortung, dass mit mehr Gestaltungsspielraum einher geht, vielleicht gar nicht so ihr Ding ist.

Auch dies geht nicht: Die Sicherheit, immer klare Arbeitsvorgaben (im Sinne von: Das ist hier richtig, das ist falsch) zu erhalten, und gleichzeitig Eigenverantwortung einzufordern.

In einem Unternehmen mit flachen Hierarchien müssen nicht nur die Eigentümer / Unternehmer Verantwortung und Kontrolle abgeben (wollen), die Mitarbeiter müssen diese Verantwortung auch übernehmen können und wollen.

Ich fand dieses Beispiel von Air Berlin schön: Im Zuge der Air Berlin Insolvenz und der Frage, wie es jetzt mit den Mitarbeitern aus der Verwaltung weiter ginge, sagten zwei Mitarbeiter anonym in einer Fernsehsendung, dass sie die Befürchtung haben, dass bei den Übernahmeverhandlungen bzw. der drohenden Schließung ihre Jobs unter den Tisch fielen und sie ergo gekündigt werden würden, und dass sie dies genauso eine Unverschämtheit fänden wie die Tatsache, dass der Air Berlin Chef nicht offen zu dieser Sachlage stehe. Ich saß vor dem Fernseher und schüttelte innerlich den Kopf – was würden diese Leute denn in so einer Situation sagen? Natürlich gibt kein Firmenchef offen zu, dass Arbeitsplätze bedroht sind, denn die Öffentlichkeit und die Presse sind i.d.R. auf Seiten der Belegschaft (die armen Opfer) und würden wie eine Horde Löwen über diese Person herfallen, sie zerfleischen. Das wäre einfach dämlich, deshalb wird kein halbwegs vernunftbegabter Mensch jemals öffentlich zugeben, wenn Arbeitsplätze gefährdet sind. So lange die Haltung so ist, dass in diesem Fall die Arbeitnehmer die (armen, hilflosen) Opfer sind, und die Unternehmer die Täter, wird das nicht passieren. Dass jedoch auch die Firmenchefs in so einem Fall hilflos sind, weil sie nämlich nicht den blassesten Dunst haben, wie sie ihre Mitarbeiter „retten“ können, wird oft nicht gesehen. Aber es ärgert mich, wenn von Mitarbeiter-Seite unterstellt wird, dass sie das gar nicht wollen und es ihnen egal ist. Das glaube ich nicht. Jeder Unternehmer, der sein Unternehmen halbwegs liebt, liebt auch seine Belegschaft und es wird ihm das Herz bluten, diese gehen lassen zu müssen – aber manchmal gibt es eben keine andere Option. Dass diese wohlwollende Grundhaltung angezweifelt wird, ärgert mich manchmal, gerade wenn wir von kleineren und mittelständischen Unternehmen sprechen (ein Riese wie Air Berlin hat so komplexe Strukturen, das man in dem Sinne vermutlich gar nicht von „Unternehmer“ und „Mitarbeiter“ sprechen kann, da auch die Unternehmenschefs bzw. Geschäftsführer ja Angestellte sind). Und ja, vermutlich trägt die Unternehmensspitze die Hauptverantwortung dafür, dass ein Unternehmen wie Air Berlin gegen die Wand gefahren wurde und jetzt insolvent ist. Ich gehe jedoch davon aus, dass dies nicht absichtlich geschehen ist, mit einer „ist-mir-doch-scheißegal-wenn-ich-tausende-Mitarbeiter-auf-die-Straße-setzen-muss“-Haltung. Sollte ein Unternehmenschef diese Haltung haben, würde ich zum Berufswechsel raten, denn das spricht in meinen Augen für eine Entfremdung vom Unternehmen und dem Unternehmensziel.

Nennt mich neo-liberal, aber hat eine Firma wirklich diese Verantwortung für das Glück ihrer Mitarbeiter? Die Mitarbeiter verhalten sich in dem Fall von Air Berlin m.E. wie Kinder, die erwarten, dass die Firma ihnen das Händchen hält und sie an die nährende Mutterbrust nehmen muss. Aber das ist nicht der Zweck eines Unternehmens – jeder  der mal selbst eins hatte oder selbstständig ist, wird das wissen. Die Mitarbeiter werden in erster Linie dazu eingestellt, mitzuhelfen, das Ziel des Unternehmens voran zu bringen, den Zweck des Unternehmens zu erfüllen – das sollte m.E. auch die Motivation eines Mitarbeiters sein, und nicht die Sicherheit der finanziellen Absicherung. Häufig scheint es mir für Mitarbeiter aber tatsächlich mehr um das letztere zu gehen, und das ist schade und etwas, das mir als Unternehmer auch nicht schmecken würde. Und auch hier muss man differenzieren: Sehr viele (wahrscheinlich sogar der weit überwiegende Teil) von Mitarbeitern fängt hoch motiviert in einer neuen Firma an, möchte das Unternehmensziel selbst mit voran bringen und stößt dann auf Frustrationen in dem Moment, wo er merkt, dass seine Ideen nicht gewertschätzt werden oder seine Eigeninitiative nur auf dem Papier gefragt ist und eigentlich doch nur Dienst nach Vorschrift gefordert wird. Aber so ist das eben auch manchmal: In meinem eigenen Unternehmen kann ich meine Ideen durchsetzen (und werde dann irgendwann sehen, ob der Markt diese möchte). Im Unternehmen eines anderen werde ich dafür bezahlt, die Ideen des Unternehmens / Unternehmers im Zweifelsfall wichtiger zu gewichten, als meine eigenen. Das mag eine Kränkung für das eigene Ego sein, aber damit gilt es, zu leben.

Dennoch denke ich, dass Unternehmer und Führungskräfte sehr wachsam sein müssen, und wenn sie erste Anzeichen solcher Frustration bei Mitarbeitern bemerken, sie sollten in so einem Fall transparent sein und in den Dialog gehen. Gleichzeitig sollten jedoch auch Mitarbeiter hier nicht in die „Frustrationsfalle“ laufen und einfach die Schuld an die blöden Vorgesetzten verteilen („Ich armes Opfer!“), sondern mutig sein und das Gespräch mit ihren Vorgesetzten aktiv suchen.

Am Ende liegen all diesen Verhaltensweisen bestimmte Haltungen zugrunde. Und ich bin der festen Überzeugung, dass wir im Impro ganz genau und exakt diese Haltungen trainieren: Umgang mit Frustrationen, wenn eigene Ideen nicht zum Zuge kommen. Übernahme von Verantwortung. „Heiter scheitern“ in dem Sinne, dass auch wenn mein Chef / Mitarbeiter sich einmal doch nicht „ideal“ verhält, ich keine riesige Sache daraus mache. Kontrolle abgeben. Eine akzeptierende Grundhaltung als Basis von Wertschätzung für den anderen auf der Beziehungsebene. Die Vorannahme, dass auch der andere „nur Gutes“ im Sinn hat (vs. der Skepsis, dass es bei Mitarbeiter / Unternehmer-Verhandlungen um „Gewinnen“ der eigenen Interessen über die Interessen des anderen geht). Deshalb: macht Impro, um Eure Firmenkultur nachhaltig zum Positiven zu verändern! Zum Beispiel mit mir 🙂

Es klingt wie die trivialste, abgedroschendste Bauernweisheit überhaupt, aber: Arbeiten ist in allererster Linie ein zwischenmenschlicher Prozess wie viele andere auch. Und wie in diesen vielen anderen zwischenmenschlichen Zusammenhängen auch, kann mensch hier von Persönlichkeitsentwicklung profitieren. Und ein sehr heiterer und spaßiger Weg, ein paar hilfreiche Haltungen für die eigene, persönliche Entwicklung zu verinnerlichen, ist Impro. In diesem Sinne: Ich freue mich auf Eure Anfragen 😉

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