Wie lernt man, „schnell“ Impro zu spielen?

Lange Zeit haben ich und einige Mitspieler aus meiner Impro-Gruppe uns gefragt, wie man es lernen kann, „schnell“ Impro zu spielen – also auf der Bühne schnell zu reagieren, sei es direkt beim Beginn einer Szene „schon dort zu sein“ (anstatt erst auf die Bühne zu kommen), oder als Hinzukommender rasch etwas zu etablieren (und nicht erst lange um das goldene Kalb herum zu tänzeln), oder sich in einer Zweier-Szene einen schnellen verbalen Schlagabtausch zu liefern.

Wir hatten dies bei verschiedenen Spielern aus den Staaten wie Lisa Rowland oder Tim Orr, aber auch immer wieder bei den Crumbs oder anderen Gruppen aus dem angelsächsischen Raum bewundern können. Wir hatten schon die Arbeitsthese gebildet, dass „Schnell-Spielen“ einfach so ein amerikanisch-englisches Ding ist, und wir Deutschen das einfach nicht so gut können oder das einfach nicht so „unser Ding“ ist.

Ich habe inzwischen eine andere These: Ich glaube, schnelles Spielen und schnelles Reagieren passiert in dem Moment, in dem unser Spiel hauptsächlich vom Bauch, und nicht mehr vom Kopf gesteuert ist. Der Bauch reagiert immer schneller, als der Kopf, da die Reaktion hier intuitiv, und nicht kontrolliert passiert. Es ist das alte Spiel, das uns immer wieder begegnet, wenn wir eine Weile lang Impro spielen: Der Kopf möchte übernehmen, weil er besser das Geschehen kontrollieren kann, denn wir haben Angst, Fehler zu machen, oder etwas „nicht gut“ zu machen – und wir wollen unsere Sache ja gut machen!

Hier in einen Modus des „Vertrauens zum Impro-Gott“ oder auch zu seinem eigenen Bauchgefühl zu kommen, ist gar nicht so einfach. Denn im Prinzip geht es hierbei ja darum, eine gewisse „Angstfreiheit“ und ein gewisses Selbstvertrauen zu erlangen, den Entscheidungen seines Bauches blitzschnell zu folgen (in dem Vertrauen, dass sie schon die richtigen Entscheidungen sein werden).

Und bevor wir das tun können, ist es wichtig, erst einmal eine Verbindung mit seinem Bauchgefühl aufzunehmen. Ich glaube, jeder Mensch hat diese Verbindung, nur bei einigen von uns ist sie im Laufe der Jahre (seit wir Kind waren) etwas verschüttet worden und muss erst wieder „entdeckt“ werden. Leider helfen hier keine Technik und kein Lernen von Regeln oder Mechanismen, sondern es geht wieder vielmehr um den so häufig zitierten Begriff der „Persönlichkeitsentwicklung“. Und das ist gar nicht so einfach zu lernen, ich würde es fast als „Lebensaufgabe“ bezeichnen – aber unmöglich ist es nicht, und auch hier hilft Erfahrung, d.h. üben, üben, üben.

Und je weiter wir in diesem „Projekt“ kommen, um so mehr profitieren wir auch außerhalb von der Bühne von dieser Fähigkeit! Denn am Ende des Tages ist unser Gefühl der einzige Kompass, den wir haben, um Entscheidungen in unserem Leben zu treffen. Wir können unsere Entscheidung am Außen, an rationalen Gründen und dem, „was vernüftig ist“ orientieren – und ich würde immer empfehlen, diese Dinge bei wichtigen Entscheidungen auf jeden Fall zu betrachten, denn sie haben uns etwas Wichtiges zu sagen. Die Frage ist nur: Basieren wir unsere Entscheidungen ausschließlich auf diesen Kritieren, sind diese Entscheidungen dann tragfähig in dem Sinne, dass sie uns langsfristig glücklich machen können?

Ich plädiere also dafür, sich „mit seinem Bauch“ zu verbinden! Hört einmal in Euch rein, was Euch umtreibt. Was fühlt Ihr? Wie geht es Euch gerade? Und ich meine nicht: Wie sollte es mir gerade gehen, anlässlich der aktuellen Situation, sondern: Wie geht es mir gerade? Was fühle ich eigentlich jetzt gerade? Dies zu erkennen und benennen zu können ist m.E. der erste und größte Schritt auf sein Bauchgefühl zu. Der Rest kommt dann mit üben, üben, üben – ob im Impro oder im Leben generell 🙂

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