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Podcast zur AIN World Conference 2013 mit Thomas Jäkel – Teil 2

Hier kommt nun der 2. Teil meines Interviews mit Thomas Jäkel von Impro-News zur AIN World Conference, die vom 2.10.2013 bis zum 5.10.2013 in Berlin statt fand (den ersten Teil findet Ihr hier; AIN steht für „Applied Improvisation Network“).

Im zweiten Teil sprechen wir noch einmal detailliert über das Workshop-Angebot, unsere Erlebnisse in selbigen, sowie darüber, was Impro mit Politik zu tun hat und damit die Welt verbessern kann. Und wie beim letzten Mal auch, gibt es den Podcast als Audio-Datei (s.u.) und als Video auf YouTube. Viel Spaß!

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Podcast zur AIN World Conference 2013 mit Thomas Jäkel – Teil 1

Vom 2.10.2013 bis zum 5.10.2013 fand in der Berliiner Kalkscheune die AIN World Conference 2013 statt. AIN steht für „Applied Improvisation Network“ und ist ein Netzwerk von „Berufs-Improvisierern“, die hier zusammen kamen um sich darüber auszutauschen, wie man „Impro“ im professionellen Kontext anwenden kann. Als Interessierte in diesem Feld hatte ich mir frühzeitig eine Karte für die Konferenz gekauft, und auch Thomas Jäkel von Theater Ohne Probe war im Auftrag von Impro-News dort.
Eine Woche später haben wir uns deshalb zusammen gesetzt, um über unsere Erfahrungen von, mit und auf der Konferenz auszutauschen. Das Ergebnis könnt Ihr in diesem Podcast hören, oder Euch auf YouTube anschauen!

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iO European one-week summer intensive in London

iO steht für „improv olympics“ und ist der Name einer der weltweit bekanntesten Impro-Institutionen (Theater & Schule) aus Chicago, die 1981 von Del Close und Charna Halpern gegründet wurde. Jedes Jahr im Sommer veranstatet das iO in Chicago einen fünf-wöchigen Impro-Kurs (den sogenannten „iO Five Week Summer Intensive„, an welchem macro dieses Jahr teil genommen hat – mehr dazu hier). Der Haken an der Sache: Fünf Wochen bekommt man als Arbeitnehmer schwerlich am Stück frei, und Anreise, Übernachtung und Kursgebühr machen das Five Week Summer Intensive zu einem teuren Spaß. Darum hat man sich beim iO überlegt, dieses Jahr erstmalig eine „abgespeckte“ Variante des Summer Intensive in Europa, genauer gesagt, in London anzubieten! Als ich davon erfuhr, habe ich nicht lange gezögert und mich umgehend dort angemeldet. Vorne noch einen kleinen Urlaub mit meinem Freund ran gehangen, und fertig war die Laube. Am 29. August ging es für mich also los nach London, und am 8. September startete offiziell der erste iO European One Week Summer Intensive mit einem Meet & Greet im Londoner „Nursery Theater„. An diesem Abend bekamen wir einen tollen Armando mit Charna Halpern in der Rolle des Armando zu sehen, deren Monologe mein Leben nachhaltig verändern sollten. Ferner gab es eine hinreißende improvisierte Puppen-Show (Glitch – The Improvised Puppet Show), gefolgt von einer kurzen Vorstellung der fünf Trainer (Colleen Doyle, Lindsay Hailey, Tara DeFrancisco, Jet Eveleth und Charna Halpern herself).

Am nächsten Morgen ging es dann mit den Workshops los (fünf Workshops mit je ca. 20 Teilnehmern). Ich hatte die große Freude, die großartige Colleen Doyle als Trainerin für die nächsten fünf Tage haben zu dürfen (obwohl ich mir sicher bin, dass keine der anderen vier Ladies ihr in irgendeiner Hinsicht in irgendetwas nach stand). Die Idee des Kuses war, das, was sonst in Chicago in fünf Wochen Summer Intensive unterrichtet wird, in einer Woche grob zu umreißen, was zugegebenermaßen ein recht ehrgeiziges Ziel ist. Dennoch waren wir als Gruppe am Ende der Woche in der Lage, einen (strukturierten) Harold auf die Bühne zu bringen. Und meine Gruppe, mit Teilnehmern aus Deutschland, Österreich, Finnland, Dänemark, Ungarn, den USA und (natürlich) Groß-Britannien, war absolut großartig!

Am Montag fingen wir mit simplen Übungen zum Thema „Akzeptieren“ an. Da die Gruppe jedoch durchgängig aus Leuten bestand, die alle mindestens zwei Jahre Impro-Erfahrung hatten, haben wir den Teil zum Akzeptieren abgekürzt und sind bereits am Montag zum Thema „Character“ übergegangen, indem wir z.B. Figuren – Gruppen – definiert haben und anschließend mit Übungen wie „Cocktailparty“ mit dem Schwerpunkt „Fokuswechsel“ auf der Bühne brachten. Am Dienstag haben wir dann weiter am Thema „Character“ gearbeitet mit Übungen wie „aus einem Mund sprechen“ oder dem Klassiker „Tannenbaum„. Hierbei lag Fokus eindeutig darauf, (vor allem die anderen) Figuren klar zu definieren, bei seinen einmal gemachten Entscheidungen zu bleiben („stick to your choices“) und Mehrdeutigkeit zu vermeiden („be as specific as possible!“) – denn Eindeutigkeit schafft Sicherheit, nicht nur für einen selbst, sondern auch für die Mitspieler.

Am Mittwoch haben wir dann einige Übungen gemacht, die mir am nachhaltigsten im Gedächtnis geblieben sind. Der Fokus in unserer Gruppe lag nun auf dem Thema „Group mind“, und wir haben eine wundervolle Gruppen-Übung gemacht, die ich „Kaleidoskop“ getauft habe (der Englische Name war „Busby Berkley“ oder so ähnlich), sowie gemeinsam Objekte auf der Bühne gebaut („Oh Mighty Isis“), wobei die Aufgabe auf dem Ergänzen dessen, was bereits da war, lag. Der Nachmittag verging mit einer Übung mit dem schönen Titel „Good morning, Fuckos“, in der es ebenfalls um das Bespielen von Räumen ging, den Tag abgeschlossen haben wir mit „The Porch Exercise“ (absolut großartig, sowohl als Spieler wie auch als Zuschauer), in der 5 – 6 Spieler über eine einfache handwerkliche Tätigkeit Zug um Zug definieren, wer sie sind, wo, und worum es gerade geht. Ich möchte an dieser Stelle davon absehen, alle genannten Übungen im Detail zu beschreiben. Wer daran Interesse hat, kann mich gerne kontaktieren.

Der Donnerstag stand dann unter der Überschrift „Scene Work“. Auch hier der Fokus wieder: Gebt Euch Namen! Benutzt Namen anstatt von Pronomen (er, sie, es)! Um zu vermeiden, dass Szenen „Herumeiern“, galt es erneut, Entscheidungen zu treffen: Wie steht diese andere Figur zu meiner Figur? Was will er/sie mir wirklich sagen? Und was löst das bei mir aus? Wir haben dann mit kurzen drei-Satz-Szenen zu zweit angefangen, wobei zu berücksichtigen galt, dass der zweite Satz ALLES definiert (der erste Satz ist quasi ein „unverbindliches Angebot“), und der dritte Satz lediglich die emotionale Reaktion auf den zweiten Satz ist. Der Rest des Tages verging ebenfalls mit Zweier-Szenen, allerdings diesmal etwas längeren, in denen es wirklich um etwas ging (Vorbild hier war die Show von TJ und Dave aus Chicago). Hier waren alle Szenen DER KNALLER, es gab keine Szene, die nicht in irgendeiner Weise toll, witzig, anrührend oder alles zusammen war. Eine Szene rührte mich sogar zu Tränen.

Der letzte Tag (Freitag) verlief dann etwas anders, als ursprünglich geplant: Charna wurde am Donnerstag Abend ihre Handtasche inklusive Pass, Geld und Kreditkarten gestohlen, so dass die Trainer beschlossen hatten, die Workshop-Gruppen nachmittags gemeinsam im Nursery Theater Harolds spielen zu lassen um Charna entsprechend bei dem bürokratischen Marathon unterstützen zu können. Der Vormittag verging dann damit, dass wir die ersten Harolds auf die Bühne gebracht haben, und – was soll ich sagen – alle drei Harolds, die in meiner Gruppe gespielt worden, waren großartig! Und auch die nachmittags im Nursery gespielten Harolds und Armandos waren toll! Dem voran ging ein kollektives Warm-up mit ca. 70 Spielern, angeleitet von Tara DeFranciso. Da an diesem Tag typisches Londoner Wetter herrschte (es goß in Strömen!!) fanden sich im Nursery nur drei der fünf Workshop-Gruppen ein, und dennoch hat es super funktioniert, mit den Spielern der anderen beiden Gruppen etwas auf die Bühne zu bringen.

Unter der Woche gab es jeweils neben dem Workshop, der tagsüber statt fand, abends an mindestens einer Location auch Shows anzuschauen. Auch hier habe ich einige wirklich Perlen gesehen (mein persönliches HIghlight: Die „Confessions Show“ der Brightoner Gruppe „The Maydays„). Zwischen Workshop-Ende und Shows landete ein Großteil der Spieler meiner Gruppe regelmäßig im unten an unsere Probebühne angrenzenden Pub „The Miller„, wo wir den vergangenen Workshop-Tag Revue passieren ließen, oder ganz allgemein über das Thema Impro quatschten. Gerade hier habe ich einige Gespräche geführt, die mich nachhaltig beeinflussen und inspirieren sollten. Mittags gab es in der näheren Umgebung mannigfaltige Möglichkeiten, sich zu versorgen, wobei ich hier ganz besonders den Borough Market mit seiner vielfäligen Auswahl an Marktständen hervor heben möchte.

Insgesamt war das iO One-Week European Summer Intensive eine absolut großartige Erfahrung, die ich jedem ans Herz legen kann, und ich überlege bereits, nächstes Jahr wieder dorthin zu fahren. Was mich besonders beeindruckt hat, ist der Spirit, der Geist, mit dem in Chicago unterrichtet wird: Let’s treat each other as geniuses, poets and artists! Denn nur, indem wir uns so behandeln, können wir auch wirklich dazu werden.

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Podcast Nr. 6 – Marc von den Unverhofften zu Gast im Interview

Am heutigen Wahlsonntag habe ich mir Marc von der Berliner Impro-Gruppe „die Unverhofften“ als Gesprächsgast in mein kleines Home-Studio eingeladen. Marc erzählt uns, wie lange es die Unverhofften gibt, wie lange er Impro macht und was es mit dem Superhelden-Format seiner Gruppe auf sich hat. Viel Spaß beim Reinhören!

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Der Tiefstatus ist der neue Hochstatus

Wenn man Impro-Anfänger fragt, ob sie sich im Tief- oder im Hochstatus wohler fühlen, nennen sie meist eine klare Präferenz für einen der beiden. Ich habe früher, konfrontiert mit dieser Frage, eine leichte Tendenz zum Tiefstatus bei mir bemerkt, und mich dafür innerlich immer gerügt, ja mitunter sogar zerfleischt. Bzw. habe ich es mir zum erbitterten Ziel gesetzt, dass sich für mich der Hochstatus irgendwann „natürlich“ anfühlen muss (GEFÄLLIGST!). Inzwischen selbst unterrichtend sehe ich jedoch, dass die Spieler, die von sich behaupten, sich intuitiv im Hochstatus wohler zu fühlen, es in meinen Augen häufig schwerer haben, weil es ihnen von Natur aus weniger leicht fällt, sich mit ihrer Aufmerksamkeit auf den anderen zu richten. Dies ist mit Sicherheit keine Faustregel, so dass man sagen kann „Jeder Spieler, der sich intuitiv dem Tiefstatus näher fühlt, ist ein besserer Impro-Spieler.“ – holy shit, definitely not!

Dennoch denke ich, dass „typische Tiefstatus-Spieler“ häufig eine Gabe mitbringen, die „typische Hochstatus-Spieler“ sich erst erarbeiten müssen: Die Aufmerksamkeit für andere und deren Befindlichkeiten! Wer im Leben dazu tendiert, sich selbst etwas „niedriger“ als die anderen zu fühlen, beobachtet diese meistens ausgiebig, um sich zurecht zu finden, und hat ein Händchen dafür, was diese brauchen. Und genau das ist meiner Meinung nach eine der Kern-Kompetenzen eines guten Impro-Spielers: Die Aufmerksamkeit für die Mitspieler und was diese gerade brauchen! Insofern sehe ich es inzwischen gar nicht mehr unbedingt als Defizit, wenn man bei sich bemerkt: „Oh, ich fühle mich eigentlich mit dem Tiefstatus vertrauter, als mit dem Hochstatus.“ Zumindest für’s Impro-Spielen kann dies eine große Gabe sein! Und dass dem so ist, heißt ja nicht, dass man nicht an sich arbeiten, sich nicht verändern soll. Natürlich ist es – im Sinne eines guten Spiels und auch der persönlichen Weiterentwicklung – wichtig, sich nicht nur auf einen Status in seinen Rollen festzulegen, sondern möglichst danach zu streben, auch den anderen Status gut und „wohlfühlend“ verkörpern zu können. Also, liebe Tiefstatus-Spieler: Wenn Ihr diese Gabe bei Euch bemerkt, ruht Euch nicht auf ihr aus, sondern strebt nach Höherem! Ansonsten kann es Euch möglicherweise so ergehen, wie dem einen Extrem des „schlechten Impro-Spielers“, den ich in meinem 1. Podcast beschrieben habe, dem zögerlichen Impro-Spieler.

Freut Euch trotzdem darüber, dass Ihr es in dieser Hinsicht möglicherweise leichter habt, als Eure Hochstatus-Kollegen, denn die müssen das „auf-andere-Achten-und-Eingehen“ erst erlernen – und ich kenne Beispiele einiger Impro-Spieler, denen das m.E. bis heute nicht gelungen ist, und die weniger mit anderen zusammen etwas erschaffen, als dass sie mehr ihre Solo-Nummer auf der Bühne fahren. Ich finde es wahnsinnig schwer, mit solchen Leuten zu spielen, und ich schaue ihnen auch nicht gerne zu, da sie sich auf der Bühne oft wie Rambo benehmen.

Nachtrag 27.09.2013
Während meines Besuchs in London beim iO European Summer Intensive diesen Monat habe ich mich mit einem der Teilnehmer ausgiebig über das Thema „Status“ unterhalten, und aus diesen Gesprächen sehr viele Erkenntnisse gezogen: Es geht überhaupt nicht darum, dass einer der beiden Stati besser oder schlechter, oder moralisch überlegen wäre (auch wenn ich nach wie vor den Eindruck habe, dass in unserer aktuellen, westlichen Gesellschaft ein Hochstatus-Verhalten attraktiver und begehrenswerter – im Hinblick auf gesellschaftliche Anerkennung – ist, und deshalb für viele erstrebenswerter erscheint). Sowohl Hoch- als auch Tiefstatus dienen als Verhalten dazu, andere Menschen zu manipulieren. Der Tiefstatus indem er mit seinem Verhalten signalisiert „Tu mir nichts, ich bin es nicht wert, verletzt zu werden“, und der Hochstatus, indem er dominantes Verhalten an den Tag legt, das die anderen dazu bringen soll, zu machen, was er möchte („Macht auszuüben“). Beide Taktiken sind defensiv und dienen dazu, die eigene Persönlichkeit zu schützen, und dahinter steht meist Angst (z.B. davor, verletzt zu werden, oder nicht den richtigen Platz in der Hackordnung zu bekommen). Die Frage, die sich mir hier gestellt hat war: Wie kann man aus diesem Schema ausbrechen? Und vor allem: Wie schafft man es, dass andere einem nicht diese Art defensives Verhalten (Hoch- oder Tiefstatus) entgegen bringen? Die Antwort darauf ist für mich: Offen sein. Empathie zeigen. Den anderen signalisieren, dass sie keine Angst haben brauchen. Und gerade Impro-Theater ist m.E. der Versuch, diesen Schutzmechanismus zu überwinden, die Angst fahren zu lassen und sich zu öffnen.

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Ein Hoch auf das „Sowohl als auch“!

Ich hab im Moment eine kleine Aversion gegen “So ist das!“ oder „So macht man das richtig!“ Statements, weil sie implizieren, dass es genau einen Kardinalsweg „of doing things“ gibt. Dem ist m.E. nicht so, es gibt immer mehrere Wege, die nach Rom führen, und manchmal können sogar scheinbar gegensätzliche Paradigmen gleichzeitig gültig sein. Ein paar Beispiele aus dem Impro-Theater:

Abfragen von Vorgaben: Soll man die erste nehmen, die kommt, oder mehrere abfragen und sich dann für eine entscheiden? Ich sage: Beides!
Wie man es mit dem Abfragen von Vorgaben hält, ist m.E. schnuppe. Warum soll man gleich die erste Vorgabe nehmen, wenn sie einen nicht inspiriert? Auf der anderen Seite: Spielen wir wirklich noch Impro, wenn wir uns erst einen Vorgabenstrauß holen und dann diejenige heraus picken, die uns am besten gefällt? Ich sage: Ja! Natürlich ist das noch Impro. (Ralf Schmitt hat in einem Workshopa mal gesagt: „Das sind Impro-Spieler, die brauchen eigentlich überhaupt keine Vorgaben, die müssen auch so spielen können!“; in diesem Sinne sehe auch ich das Vorgaben-Einholen hauptsächlich als Mittel, um mit dem Publikum in Kontakt zu treten, zu kommunizieren – weniger als unabdingbaren Bestandteil des Impro-Theaters.) Warum immer die erstbeste Vorgabe à la „Rot – Geige – Hammer“ nehmen? Aber warum nicht? Im Endeffekt finde ich, sollte jeder dies so handhaben, wie er / sie sich damit am wohlsten fühlt! Und dies kann, bei wechselnder Moderation innerhalb einer Show z.B. auch gerne wechseln – der eine nimmt die erste Vorgabe, die er hört, der andere fragt erstmal ein paar Vorschläge ab, um sich dann die auszuwählen, die ihm am besten gefällt. Warum denn nicht!

Gibt es beim Impro-Theater sowas wie „Level“ (Anfänger, Mittelstufe, Fortgeschrittene), oder ist alles eins? Ich sage: Beides stimmt!
Es gibt in Berlin einen sehr bekannten Trainer und Improspieler (Deniz Döhler), der der Ansicht ist, beim Impro gäbe es keine Level. Als ich vor zwei Jahren bei Deniz einen Kurs besucht hab, habe ich mich über diese Haltung etwas geärgert, da ich mich in meinem Können / meinem „Lernwerdegang“ nicht anerkannt fühlte. Seit ich selbst unterrichte verstehe ich, was er meint, und gebe ihm in gewisser Hinsicht Recht: die Probleme, mit denen Spieler aus meinem Kurs „kämpfen“ sind im wesentlichen die gleichen, mit denen viele in meiner Impro-Gruppe kämpfen (meist der stete Versuch um Kontrolle des Geschehens); und gleichzeitig sehe ich, dass es eben doch verschiedene „Könner“-Levels gibt. Klar kann ein Anfänger-Kurs bestimmte Theatersport-Formate genauso gut und lustig aufführen, wie eine Profi-Truppe. Dennoch macht es m.E. auch Sinn, Spieler nach Levels zu unterscheiden, und zwar aus verschiedenen Gründen: 1. Ich denke, so wir mir wird es vielen Leuten gehen: sie fühlen sich einfach besser, wenn anerkannt wird, dass sie etwas schon länger machen, als andere, und damit impliziert wird, dass sie auf irgendeine Weise ein höheres Skill-Level haben; 2. über die Zeit entwickeln Spieler eine Routine oder „Bühnenhärte“, die Anfänger oft noch nicht so haben; diese Routine erlaubt es ihnen, in bestimmten Situationen souveräner und spontaner zu reagieren (was nichts mit dem grundsätzlichen Skill-Level zu tun hat); 3. Spieler, die länger Impro spielen, haben mehr „Tricks“ drauf, die sie gekonnt aus dem Ärmel schütteln können, sie wissen bereits, was funktioniert; 4. Spieler, die länger Impro spielen hatten länger Zeit, bestimmte Impro-Grundregeln „sacken“ zu lassen und wirklich zu verinnerlichen, wie z.B. „Let your partner shine“, oder auch, sich von Fehlern nicht gleich ins Boxhorn jagen zu lassen. Dennoch: Soweit ich das überblicken kann, kämpft auch die Mittelstufe, und wahrscheinlich sogar die „Fortgeschrittenen“ mit den gleichen Themen, wie jeder der anfängt, Impro zu spielen. Im Rahmen eines Kurssystems, wie es viele Gruppen anbieten, die Impro unterrichten, erschließt sich mir der Unterschied nicht wirklich, außer dass die höheren Level eben schon länger trainiert haben und man bestimmte Grundlagen nicht extra erklären muss. Nur den Spielern gibt es eben ein gutes Gefühl, wenn sie den Eindruck haben, eine Art Evolution zu durchlaufen und besser bzw. fortgeschrittener zu werden, und ich denke, das ist gut. Die wirklichen Unterschiede im Spieler-Niveau können m.E. jedoch nicht in einem Kurssystem erfasst werden, da sie schwer zu verifizieren sind (es handelt sich hier m.E. eher um eine Einstellungs- als um eine Könnens-Sache).

Albernheit vs. Ernsthaftigkeit: Soll die Maxime für’s Impro-Spielen eher Albernheit oder eher Ernsthaftigkeit sein? Ich sage: Beides!
Ein großer Reiz des Impro-Theaters besteht für mich in der Albernheit und kindlichen Verspieltheit (vgl. Podcast Nr. 3). Warum also sollte man diesen Vorzug zugunsten eines ernsthaften Spiels aufgeben? Anderseits: Wenn Proben nur noch ins Alberne, Herumblödelnde abdriften, dann fühle ich mich hinterher leer. Mir fehlt dann die Ernsthaftigkeit, die „Substanz“. Dennoch würde ich die Albernheit und Verspieltheit nicht zugunsten von Ernsthaftigkeit aufgeben wollen! Ich denke, man kann ernsthaft Impro spielen, und dabei trotzdem leicht, verspielt und albern sein. Die Ernsthaftigkeit ist hier auf einer anderen Ebene als die Albernheit: Wenn man das, was man tut (das Impro-Spielen) als solches ernst nimmt (nicht zu ernst!!), und als Ziel hat, wirklich etwas zu erzählen, etwas mitzuteilen – dann kann man in der Umsetzung dessen auch albern und verspielt sein. Umgekehrt ist es jedoch eine denkbar schlechte Kombination 🙂

Und, wie so häufig, kann das Ganze auch auf das Leben allgemein angewendet werden: Es gibt kein Schwarz-Weiß. Es gibt kein „Das ist richtig und das ist falsch.“ Es gibt kein „Wir sind so und Ihr seid alles, was wir nicht sind“. Es ist meistens ein „Sowohl als auch“. Wenn jemand Euch also versucht, so eine Dichotomie zu verkaufen, solltet Ihr skeptisch sein…

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Wir gehen in die Verlängerung

In etwa einer Woche (am Montag, 19. August) ist es soweit: Unser Impro-Kurs geht in die Verlängerung! Diesmal gleich an zehn Abenden mit je 2,5 Stunden. Als Schwerpunkt haben Felix (von den Improbanden) und ich uns diesmal das Thema „Charaktere“ sowie weiterhin das szenische Arbeiten gesetzt – ggf. ergänzen wir die Agenda zum Ende hin noch um das Thema „Storytelling“. Der Kurs richtet sich dieses Mal an Leute mit geringen Vorkenntnissen im Bereich Impro – aber auch an Neulinge, und wir werden den Anfang des Kurses einer kleinen Wiederholung der wichtigsten Impro-Grundlagen widmen, so dass auch jeder Impro-Neuling gut rein kommt. Wie vorher auch wird der Kurs jeweils Montag Abend ab 19 Uhr im Fliegenden Theater in Kreuzberg statt finden.

Weitere Infos findet Ihr unter www.improbanden.de/training. Es gibt noch einen freien Platz, wer sich anmelden möchte schreibt bitte eine E-Mail an info@improbanden.de.

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