Das Gefühl beim Impro

„Ein Buch über Impro zu schreiben ist, wie ein Buch übers Ficken zu schreiben.“ Diesen schönen Satz sagte neulich ein Kollege von mir (da ich nicht weiß, ob der Kollege namentlich erwähnt werden möchte, tue ich es mal lieber nicht) – und ich glaube, er hat Recht.

Es gibt viele Bücher zum Thema Improvisationstheater, allen voran natürlich die Klassiker von Keith Johnstone (auf Deusch: „Theaterspiele“ & „Improvisation & Theater„). Hier beschreibt er, wie er als Trainer und Regisseur an das Thema „Impro“ heran geht und es seinen Schülern praktisch vermittelt. Und obwohl die Bücher auch viele praktische Übungen beinhalten, halte ich sie als Lektüre für Menschen, die selbst gerne Impro lernen wollen, eher für ungeeignet, da der Blickwinkel, den Johnstone einnimmt ein anderer ist als der, den ich als Impro-Einsteiger habe.

Dann gibt es das wunderbare Buch „Theater ohne Absicht“ von Gunter Lösel (den ich auch einmal für meinen Podcast interviewen durfte), in welchem er beschreibt, was psychologisch beim Improvisieren passiert und wie die „Impro-Bewegung“ gesellschaftlich / soziologisch, künstlerisch und kulturell einzuordnen ist. Auch Lösel arbeitet mit vielen praktischen Beispielen und Übungen, um den Lesern den Spirit der Improvisation zu vermitteln.

Dann gibt es, als weiteren Klassiker des Genres, der jedoch nie ins Deutsche übersetzt wurde, das Buch „Truth in Comedy“ von Del Close und Charna Halpern, in dem es, wie der Name bereits andeutet, vornehmlich darum geht, wie wir im Impro-Theater durch Authentizität und spontanes Agieren im Moment Komik erzeugen können, und in dem das von den beiden Autoren entwickelte Format des Harold beschrieben wird.

Darüber hinaus gibt es etliche Einführungen in das Improvisationstheater und noch viel mehr Spiele-Sammlungen, und auch jüngst immer mehr wissenschaftliche Publikationen darüber, was beim Improvisationstheater im Gehirn der Spielenden und / oder auf psychologischer Ebene passiert.

Und auch wenn alle diese Bücher ihren Wert haben, gut zu lesen sind und dem Leser das eine oder andere Aha-Erlebnis zu vermitteln vermögen, können sie eines nicht: Beim Leser das Gefühl erzeugen, das sich bei einer „gelungenen“ Improvisation einstellt! Es ist für mich dieses Gefühl der absoluten Freiheit, aus dem Moment heraus agieren zu können, keine Vergangenheit, die an einem zerrt, keine Planung, die einen behindert. Nur der Moment mit seinen hunderten von Möglichkeiten, und das Assoziiert-Sein mit dem Moment, mit mir, mit dem Partner und mit der Szene (und ggf. auch mit dem Publikum). Dieses Gefühl kann man m.E. beim Lesen / Schreiben nur schwer vermitteln, man muss es wirklich erlebt haben, denn es hat eine eigene Magie. Deshalb ist das geflügelte Wort „How to hide information from an improvisor – you put in a book“ durchaus wahr und sinnvoll, den das eigentliche Gefühl stellt sich nur beim Spielen ein. Genau wie beim Sex – man kann viel darüber gelesen haben, aber man muss es einmal getan haben, um verstehen, wie es sich anfühlt.

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One thought on “Das Gefühl beim Impro

  • By Sarah - Reply

    Vielen Dank für die Buch-Tipps! Das Buch von Gunter Lösel würde mich interessieren, leider ist es grad vergriffen. Falls du es hast, kannst du es mir ja vielleicht mal leihen.;)

    lg,
    Sarah

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